Februar 2020
Zwischenruf: Was uns die Ratssitzung lehrt
Etwas verwundert haben wir uns schon angesehen im Laufe der vergangenen Ratssitzung: Erst vertagt die Ratskoalition beim Thema Klimanotstand alle konkrete Maßnahmen mit dem Hinweis, diese müssten erst geprüft werden. Nur wenige Minuten später erinnern sich die Grünen ihrer verkehrspolitischen Tradition und unser Antrag auf Kappung des Cityrings findet eine Mehrheit und wird jetzt umgesetzt. Aber was heißt das nun mit Blick auf die nahe und ferne Zukunft?
Zunächst einmal: Unsere Ideen, die Stadt weiterzuentwickeln, sind gut, richtig und mehrheitsfähig. Im Rat, aber auch und vor allem draußen bei den Bonnerinnen und Bonnern. Die von uns vorgeschlagene und jetzt vom Rat beschlossene Lösung für den Cityring wird für eine Beruhigung vor dem Hauptbahnhof sorgen. Busse, Bahnen sowie Radfahrerinnen und Radfahrer werden dort sicherer und schneller vorankommen. Dieser Erfolg wird eine spürbare Entlastung für die Innenstadt darstellen. Und zwar ohne die befürchteten Nachteile für den Einzelhandel.
Und dann: Die Ratskoalition aus CDU, Grünen und FDP ist am Ende. Denn, auch das hat die Cityring-Diskussion gezeigt, nicht einmal CDU und FDP fahren noch in dieselbe Richtung. Beethovenhalle, Bürgerdienste, Wohnungsbau, Bus und Bahn, Nachhaltigkeit – fünf wesentliche Themen in unserer Stadt, bei denen es mit dieser Ratskoalition und ihrem Oberbürgermeister Ashok Sridharan nicht ansatzweise voran geht. Aber das überrascht ja auch nicht. Schließlich führte der Wille zur Macht und nicht der Wille zur Gestaltung in die Koalition von CDU, Grünen und FDP.
Machen wir uns nichts vor: Die Ratskoalition wird bis zur Kommunalwahl im September halten. Aber es wird von ihr auch keine Initiative mehr kommen, die zum Wohle der Bonnerinnen und Bonner wäre. Wir dagegen werden weiter unsere guten und richtigen Vorschläge in die Diskussion einbringen. Und dann werden die Bürgerinnen und Bürger zu entscheiden haben, ob sie sich weiter dem Stillstand unter CDU, Grünen und FDP aussetzen wollen oder von unseren vorwärts weisenden Ideen überzeugt sind.
In diesem Sinne…
…Ihre/Eure
Angelika Esch
Dezember 2019
Zwischenruf: Eine schöne Bescherung oder wie Bonn wieder Spitze wird
Auf halbem Weg zwischen Nikolaus und heiligem Abend wollten wir in dieser Woche die Vorweihnachtszeit ein wenig genießen. Natürlich stand noch eine Ratssitzung aus, die intensiv und gewissenhaft vorzubereiten war. Aber das machen wir ja mit Freude und Engagement. Doch was sich dann vor uns aufbaute, kann nur einen Namen tragen: Das Weihnachtsdesaster!
Nein, es war nicht ein verspäteter Nikolaus, der mit der 66 in den Projektbeirat Beethovenhalle raste. Auch kein verfrühter Weihnachtsmann. Wenn der pünktlich über die Nordbrücke möchte, sollte er langsam losfahren. Es war viel mehr der Knecht Ruprecht in Form des Oberbürgermeisters Ashok Sridharan. Und statt schöner Geschenke hatte er eine schlechte Nachricht dabei:
Die Beethovenhalle wird frühestens im Sommer 2024 fertig sein. Sechs Jahre später als geplant. Damit katapultiert Oberbürgermeister Sridharan Bonn aber wenigstens zurück in die erste Reihe der Städte in diesem Land. Denn was dem Berliner sein Flughafen, dem Stuttgarter sein Bahnhof oder dem Kölner seine Oper ist dem Bonner eben seine Beethovenhalle. Aber immerhin hält der Oberbürgermeister an seiner Kostenprognose von maximal 166 Millionen Euro fest. Trotz der längeren Bauzeit. Ob das am Ende aufgeht? Nun, das wird dann die Bescherung 2024 zeigen. Also frühestens. Vielleicht.
In diesem Sinne…
…Ihre/Eure
Angelika Esch
November 2019
Zwischenruf: Von der Herausforderung, Kommunalpolitik zu betreiben
Der Planungsausschuss bricht um 23:00 Uhr ab und vertagt sich in die nächste Sitzung. Die Bezirksvertretung Bonn tagt dagegen überraschend kurz, weil es für die Hälfte der Tagesordnung keine Verwaltungsstellungnahmen gibt. Und Ratssitzungen müssen regelmäßig am folgenden Montag fortgesetzt werden. Drei Entwicklungen der letzten Monate, die alle ganz verschiedene Ursachen haben. Eins aber ist allen gemein: Ehrenamtliche Kommunalpolitik wird immer aufwendiger und unattraktiver.
Sehen wir uns die Gründe an. Die Themen sind heute ohne Zweifel breiter gefächert als früher. Noch vor zehn, zwanzig Jahren wurde in den Stadtparlamenten nicht so ausführlich über den Klimawandel, die Verkehrswende oder den Wohnungsbau diskutiert. Neben der gewachsenen thematischen gibt es aber auch eine größere politische Vielfalt. Aktuell besteht der Bonner Stadtrat aus acht Fraktionen und drei Einzel-Stadtverordneten. Wenn da jede Fraktion etwas sagen will, dauert es ein Weilchen. Und für die nächste Wahlperiode ist mit noch mehr vertretenen Parteien und Meinungen zu rechnen.
Hinzu kommt: Die Zahl der Tagesordnungspunkte, zu denen es keine Stellungnahme der Verwaltung gibt, wächst dramatisch. Oft werden deshalb auch wichtige und dringende Punkte vertagt. Dabei ist die Zuarbeit der Verwaltung wichtig, gibt sie doch Hinweise zur Machbarkeit oder zur juristischen und finanziellen Einordnung eines Vorhabens. Und: Auch die Bürgerinnen und Bürger sind sich ihrer Möglichkeiten immer bewusster. Daher nimmt auch die Zahl der Bürgeranträge kontinuierlich zu. Damit wir uns richtig verstehen: Wir haben uns immer für eine umfassende Bürgerbeteiligung eingesetzt und freuen uns, dass die Möglichkeiten rege genutzt werden. Aber im Sinne der Arbeitsökonomie von ehrenamtlicher Arbeit müssen wir Wege finden, damit besser umzugehen.
Damit ist klar: Das Thema ist vielschichtig. Aber diese aktuellen Entwicklungen zeigen auch, dass der Wunsch und die Notwendigkeit, die Politik weiblicher und jünger zu machen, an ganz praktische Grenzen stoßen. Oder stellen wir uns mal vor: Eine 27-jährige Mutter eines zweijährigen Kindes hat gerade ihren Berufseinstieg geschafft. Und jetzt soll sie an einem Donnerstagabend gegen 23:00 Uhr im Ratssaal Entscheidungen zur Zukunft der Stadt Bonn treffen. Das klingt unter den genannten Umständen, die ein politisches Engagement völlig unplanbar erscheinen lassen, nicht sehr realistisch. Wir müssen aber alles dafür tun, damit dies realistisch wird.
In diesem Sinne…
…Ihre/Eure
Angelika Esch
September 2019
Zwischenruf: Bonn – eine UN-Stadt, der Internationales egal ist?
Aus großer Macht folgt große Verantwortung, heißt es. In Bonn könnte es abgewandelt heißen: Aus einem großen Beinamen folgt große Verantwortung. Die UN-Stadt Bonn mit Einwohnerinnen und Einwohnern aus über 170 Ländern sieht sich zu Recht als internationale Stadt. Als solche müssen wir uns aber ab und an auch zur Weltlage verhalten.
Und diese Möglichkeit, das internationale Profil unserer Stadt zu schärfen, bot sich in der jüngsten Ratssitzung. Wir wollten, dass Bonn dem Städteappell der 2007 gegründeten International Campaign to Abolish Nuclear Weapons (Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen, ICAN) beitritt. Diesem Appell sind inzwischen zahlreiche Städte, auch in Deutschland beigetreten. So beispielsweise Köln, Siegen oder Braunschweig. Zur Ablehnung von Atomwaffen kann es schließlich keine zwei Meinungen geben.
Und Bonn? Nun, hier war es die Stimme von Oberbürgermeister Ashok Sridharan, die den Ausschlag gab – gegen einen Beitritt. Die Argumentation der CDU war so provinziell wie rückwärtsgewandt. Von „sind wir nicht zuständig, ist Bundesthema“ und „Appelle sind reine Symbolpolitik“ war da die Rede. Doch wie soll der Oberbürgermeister einer UN-Stadt beim nächsten Fototermin mit einer internationalen Organisation glaubwürdig in die Kamera lächeln, wenn uns die internationale Politik so egal ist? Übrigens: In anderen Städten wurde der Beitritt mit den Stimmen der CDU beschlossen.
Umso besser ist es, wenn der Rat nicht auf die Stimmen der CDU und des Oberbürgermeisters angewiesen ist. So wie bei der Entscheidung über die Potsdamer Erklärung „Städte Sicherer Häfen“. Unser gemeinsamer Antrag mit den Linken wurde beschlossen und so sind nun auch wir Teil dieses humanitären Bündnisses. Diesmal enthielt sich der Oberbürgermeister. Noch im letzten Jahr ließ er sich für den offenen Brief mit dem Düsseldorfer und der Kölner OB feiern. Als es jetzt ernst wurde und wir einen ganz ähnlichen Vorschlag hatten, ist es nicht mehr so notwendig Bonn klar auf der Seite der Humanität zu positionieren. Auch wenn es nicht zum Kerngeschäft unserer Stadt gehört, darf es nicht nur eine Frage von Fototerminen oder gut klingenden Beinamen sein.
In diesem Sinne…
…Ihre/Eure
Angelika Esch
Juli 2019
Zwischenruf: Die Koalition und der kleinste gemeinsame Nenner
Sie kennen das: Das Aufstehen, der erste Kaffee, das Türeschließen – morgens ist der Ablauf einstudiert und jeder Handgriff sitzt. Ein wiederkehrendes Muster, Gewohnheit. Sowas gibt’s auch in der Politik. Zum Beispiel im Rat der Stadt Bonn. Hier nennen wir das „den kleinsten gemeinsamen Nenner“. Die Ratskoalition nennt es aktuell „Verbesserung des Fahrradverkehrs und des ÖPNV in der Kaiserstraße“.
Tagelang wird diskutiert, wie die Verkehrsführung in der Kaiserstraße am sinnvollsten für Rad- und Busverkehr, die Anwohner und den Autoverkehr und überhaupt organisiert werden kann. Parkplätze weg oder erhalten. Sich kreuzende Fahrradspuren, Umweltspur oder Autos nur von Norden nach Süden oder doch besser andersrum. Und die Koalition? Folgt ihren erprobten Mustern und Gewohnheiten: Sie beschließt den kleinsten gemeinsamen Nenner. Oder wie wir es nennen: Wahnsinn.
Autos werden nach diesem Beschluss von Süden nach Norden durch die Kaiserstraße direkt vor den Bahnhof geleitet. Auf direktem Weg? Natürlich nicht. Sie sollen in die Nassestraße einbiegen und durch die Lennestraße und die Tillmann-Straße dann zurück auf die Kaiserstraße fahren. Also quer durch’s Wohnviertel vorbei an der künftigen Mensa-Großbaustelle, den Kindern die zwischen der Münsterschule und der dazugehörigen OGS pendeln, und dem Arithmeum.
Damit wird ein Teil der Südstadt Hauptverkehrszone. Wenige Minuten zuvor wurde übrigens der Klimanotstand für Bonn ausgerufen. Ein Widerspruch? Auch das: Ein wiederkehrendes Muster in der Politik der Ratskoalition von CDU, Grünen und FDP. Aber so geht es eben nicht voran in unserer Stadt. Am Ende staut es sich in der Kaiserstraße und der Klimanotstand ist nur ein Schlagwort ohne Folgen.
In diesem Sinne…
…Ihre/Eure
Angelika Esch
Mai 2019
Zwischenruf: Vom OB, der (nicht) zur Koalition passt
Die FDP war zufrieden, die CDU wollte wissen, wann es endlich Karten zu kaufen gibt und die Grünen regten sich darüber auf, dass es einen neuen künstlerischen Geschäftsführer gibt – der Auftritt der Koalition war auch bei der BTHVN2020-Sondersitzung des Kulturausschusses alles andere als einheitlich. Und der Oberbürgermeister war nicht mal anwesend. So wichtig ist das Jubiläumsjahr für ihn wohl nicht. Oder wusste er einfach nur, was passieren würde? Immerhin wurde der Fragenkatalog der Grünen eingebracht, ohne dass die Koalitionspartner dem zuvor zugstimmt hatten. Oder hatte der Oberbürgermeister gar Angst, dass die harten Angriffe aus den Reihen „seiner“ Koalition auch ihn treffen könnten? Schließlich wäre es seine Aufgabe gewesen, den Geschäftsführerwechsel den Stadtverordneten mitzuteilen und das nicht der Presse zu überlassen.
Dies ist ein weiteres Beispiel wie schlecht die einzelnen Fraktionen dieser Koalition zueinander und zum Oberbürgermeister passen. Beethovenhalle, Schwimmbäder, Forderungsverzicht aus Bürgschaften für syrische Geflüchtete, jetzt BTHVN2020: Immer wieder geht ein Riss durch die Koalition. Und wenn die drei Fraktionen mal auf einer Seite stehen, ist quasi sicher, dass der Oberbürgermeister die entgegengesetzte Meinung vertritt. Alles das sind aber zu wichtige Themen für die Zukunft unserer Stadt. Sie können nicht wieder und wieder wegen der Uneinigkeit in der Ratskoalition vertagt werden. Es müssen Entscheidungen getroffen werden. Wenn dies mit dieser Koalition nicht geht, heißt es ehrlich sein mit sich und den Bonnerinnen und Bonnern und die Koalition auflösen.
Ich habe es an dieser Stelle schon mal geschrieben: Die SPD-Fraktion kann sich sehr gut eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen vorstellen. Der Klebstoff wären dann die Inhalte und nicht ein Koalitionsvertrag. Ganz im Sinne der Bürgerinnen und Bürger.
In diesem Sinne…
…Ihre/Eure
Angelika Esch
März 2019
Zwischenruf: Verantwortung übernehmen vs. verantwortlich sein
Verantwortung übernehmen und verantwortlich sein – das ist nicht dasselbe. Oder anders gesagt: Ein Oberbürgermeister ist für die Fehler, die in seiner Verwaltung passieren, nicht selbst verantwortlich. Aber er muss als oberster Vorgesetzter die Verantwortung für das Handeln seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übernehmen, im Guten wie im Schlechten. Konkret:
Nein, wir haben nicht erwartet, dass Oberbürgermeister Sridharan selbst den Baugrund unter der Beethovenhalle untersucht oder prüft, ob die Deckenstatik für die neue Belüftung ausreicht. Dafür ist er nicht verantwortlich. Aber er muss sich vor sein Verwaltungspersonal stellen – und sei es noch so hoch positioniert und gut bezahlt. Dass er nach unserer Kritik dann doch die Projektleitung vom Stadtdirektor während dessen krankheitsbedingter Auszeit übernimmt, ist richtig und wichtig. Dieser Schritt hätte aber vom Oberbürgermeister selbst und viel früher kommen müssen. Das wäre Verantwortung übernehmen.
Nein, wir erwarten nicht, dass Oberbürgermeister Sridharan defekte Busse und Bahnen selbst repariert. Dafür ist er nicht verantwortlich. Bonn entgeht aber regelmäßig nur knapp einem Verkehrskollaps. Der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs ist eine der wichtigsten Aufgaben. Bonn wurde im letzten Jahr als „Lead City“ ausgewählt; in diesem Jahr beginnen die dazugehörigen Projekte. In dieser Situation zieht er sich aus dem Aufsichtsrat der Verkehrssparte der Stadtwerke zurück und übergibt den Aufsichtsratsvorsitz an die Stadtkämmerin – ein fatales Zeichen. Eigentlich müsste der Oberbürgermeister bei der Verkehrswende vorangehen und den Weg weisen. Das wäre Verantwortung übernehmen.
Nein, wir erwarten nicht, dass Oberbürgermeister Sridharan alleine eine dauerhafte Lösung für das Bonn-Berlin-Thema findet. Er hat Bundestagsabgeordnete, zwei Landesregierungen, Landräte und zahlreiche weitere Menschen mit Einfluss an seiner Seite. Wenn diese aber ohne Ausnahme – übrigens auch aus seiner eigenen Partei – auf ihn zeigen bei der Frage, warum die Verhandlungen mit dem Bund stocken, dann stimmt etwas nicht. Er muss vorweggehen. Er ist der Bonner Oberbürgermeister. Er muss um das Beste für diese Stadt kämpfen, sei es auch noch so hart. Das wäre Verantwortung übernehmen.
Nein, Oberbürgermeister Sridharan ist nicht für jeden Fehler, der passiert, weil nun mal überall Menschen am Werk sind, verantwortlich. Aber er darf sich nicht hinter Anderen verstecken, seien sie auch Stadtdirektor, Kämmerin oder Bundestagsabgeordneter. Sonst wird er eines Tages doch noch verantwortlich gemacht. Eben weil er die Verantwortung, die ein Oberbürgermeisteramt mit sich bringt, eben nicht übernommen hat.
In diesem Sinne…
…Ihre/Eure
Angelika Esch
Februar 2019
Zwischenruf: Wechselnde Mehrheiten. Ein Projekt für die Zukunft?
Koalition: Laut Duden ein „zum Zweck der Durchsetzung gemeinsamer Ziele geschlossenes Bündnis…“. Da gibt es also zwei oder mehr Fraktionen in einem Parlament, die gemeinsame Ziele haben und, um diese zu erreichen, sich zusammenschließen. Soweit die Theorie.
Und in der Praxis? Nehmen wir doch mal Bonn: CDU, Grüne und FDP haben sich nach der Kommunalwahl 2014 zu einem Bündnis, also einer Koalition, zusammengeschlossen. Und jetzt die entscheidende Frage: Hatten sie gemeinsame Ziele? Wenn ja, und das nehmen wir einfach mal an, dann sind diese gemeinsamen Ziele kaum noch zu erkennen.
Immer öfter driften die Positionen der drei Koalitionspartner im Rat auseinander. Zwei Beispiele aus der Februar-Sitzung: Sowohl beim Verzicht auf ausstehende Forderungen aus Bürgschaften für syrische Geflüchtete als auch bei der Änderung des Taxitarifs waren sich die Koalitionspartner nicht einig. Trotzdem wurden beide Beschlüsse mit anderen als der Koalitionsmehrheit gefasst. Ähnlich wie in vorherigen Fällen schon.
Und das lässt eine neue Frage aufkommen: Wie sinnvoll ist es überhaupt auf kommunaler Ebene Koalitionen einzugehen? Können nicht wechselnde Mehrheiten zu wesentlich weniger kontroversen Entscheidungen führen? Weniger kontrovers auch in der Wahrnehmung bei den Bürgerinnen und Bürgern?
Wir können uns sehr gut auch in der Politik eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen vorstellen. Im Sinne der Bürgerinnen und Bürger. Ganz so wie es sie zukünftig zwischen Wien und Bonn geben wird. Denn hier wurde die partnerschaftliche Zusammenarbeit interfraktionell beschlossen und kann somit eine wunderbare Blaupause für die weitere politische Arbeit im Stadtrat sein.
Ihre/Eure
Angelika Esch
November 2018
Zwischenruf: Tja, dumm gelaufen oder: Das Jahr 2018 in der Bonner Politik
Bonn ist eine großartige Stadt. Ein Satz, den alle Bonnerinnen und Bonner und Gäste sofort unterschreiben. Kein Wunder: fantastische Gewinne für Hauseigentümer, die Sauna auf Schienen, Katakomben unter Beethovens Halle. Das kann nicht jede Stadt ihr Eigen nennen. Und das alles nur wegen der großartigen Koalition aus CDU, Grünen und FDP. Kaum zu glauben, nicht wahr? Ich erklär’s Ihnen.
Bonn braucht öffentlich geförderten Wohnungsbau. Und viel davon. Und dringend. Also hat die Koalition eine Quote eingeführt. Das heißt, dass eine bestimmte Zahl von Wohnungen in einem Neubau dem öffentlich geförderten Wohnungsmarkt zur Verfügung stehen muss. Theoretisch. Praktisch gilt die Quote nur für Neubauten mit mehr als 24 Wohnungen. Also bauen die Investoren kleiner. Und sparen sich und den Bonnerinnen und Bonnern so die öffentlich geförderten Wohnungen. Tja, dumm gelaufen.
Der öffentliche Personennahverkehr ist in Bonn vergleichsweise teuer. Jedenfalls auf den ersten Blick. Aber waren Sie schon mal in einer Sauna? Da kommen Sie mit den 2,90 Euro für eine Fahrt in Bus und Bahn in Bonn sicher nicht weit. Mit unseren Bussen und Bahnen kommen Sie dagegen sogar an Ihr Ziel. Und den Saunagang gibt‘s im Sommer als kostenlose Zusatzleistung dazu. Damit das auch so bleibt, haben CDU, Grüne und FDP direkt neue Fahrzeuge bestellt – natürlich ohne Klimaanlage. Da fragen wir uns schon, warum der Oberbürgermeister bei diesen ganzen doch so richtigen Entscheidungen im kommenden Jahr die Flucht als Aufsichtsratsvorsitzender ergreift? Tja, dumm gelaufen.
Gut, für Ludwig van Beethoven können schwarz-grün-gelb nichts. Der war vorher da. Aber die Halle, die seinen Namen trägt, die wollten sie groß renovieren. Groß sind vor allem die Kosten des Unterfangens. Apropos „unter“. Unter der Beethovenhalle haben sich nämlich Löcher aufgetan. Genauer: Katakomben. Hätte man mal auf die Rufer im Haus, also auf die Verwaltung, gehört. Oder Bilder aus den späten 1940er Jahren angesehen. Oder jemanden gefragt, der beim Bau der Beethovenhalle dabei war. Oder auf die warnende Opposition gehört. Jetzt sind fast 100 Millionen Euro versenkt. In den Katakomben. Tja, dumm gelaufen.
Wer entscheidet, macht Fehler. Sicher. Und Fehler haben diese Ratskoalition und der Oberbürgermeister 2018 einige gemacht. Aber sie haben nicht nur falsch entschieden. Sie haben oft auch einfach vertagt oder Prüfaufträge vergeben, nicht selten, um den Koalitionsfrieden zu erhalten. Das kostet Geld und Zeit. Bei beidem sieht es in unserer Stadt mau aus. Daher muss 2019 anders werden. Wir werden weiter den Finger in die Wunde legen.
Ihre/Eure
Angelika Esch
November 2018
Zwischenruf: Blick zurück und Blick nach vorn
Mit Fug und Recht können wir sagen, dass die SPD-Ratsfraktion in den letzten Wochen eine Umbruchsituation erlebt hat, wie sie nur selten vorkommt. Der plötzliche und für uns alle überraschende Tod unserer Fraktionsvorsitzenden Bärbel Richter hat ebenso eine Lücke gerissen wie das Ausscheiden der Stadtverordneten Peter Kox und Dr. Gereon Schüller sowie unserer Geschäftsführerin Andrea Kanonenberg zum 31. Oktober. Gemeinsam als Fraktion und mit den vier stellvertretenden Vorsitzenden an der Spitze ist es uns gelungen, die schweren zwei Monate zu bewältigen. Dafür möchte ich mich bei Stephan Eickschen, Peter Kox und Gab Mayer auch an dieser Stelle noch einmal bedanken.
Am 5. November hat mich meine Fraktion zu ihrer neuen Vorsitzenden gewählt. Für das mir entgegengebrachte Vertrauen bedanke ich mich. ich gehe die neue Aufgabe mit Freude, aber auch Respekt an. Sowohl im Fraktionsvorstand als auch in der Fraktion möchte ich ausgesprochen teamorientiert arbeiten und alle Stadtverordneten meiner Fraktion einbinden. Die Fülle der Aufgaben und Themen, die in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren für uns anstehen, werden eine andere Herangehensweise nicht zulassen.
Bis zur Kommunalwahl 2020 werden wir viele wichtige Themen zu bearbeiten haben. Ganz oben auf der Liste steht in meinen Augen der bezahlbare Wohnraum. Inzwischen haben nicht nur Menschen mit niedrigem Einkommen erhebliche Probleme, geeignete Wohnungen in unserer Stadt zu bekommen. Auch im mittleren Bereich ist das Angebot gering und die Nachfrage umso höher. Wir werden hier also Lösungen finden müssen und zwar auch vor dem Hintergrund, dass uns in Bonn einfach auch die notwendigen Bauflächen fehlen. Nachverdichtung und nach oben bauen dürfen da keine Tabus sein, sondern eher Ideen, die wir ernsthaft verfolgen sollten.
Auch die Verkehrswende muss endlich gezielt angegangen werden. Schon heute stehen wir in und um Bonn täglich im Stau. Gleichzeitig fallen Busse und Bahnen aus und Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer müssen mit Autos und LKWs um den Platz auf der Straße streiten. Hier müssen wir Prioritäten setzen und auch mit der Hilfe von Bund und Land Geld investieren. Ähnliches gilt auch für mein Ziel einer familienfreundlichen Stadt. Bonn benötigt deutlich mehr Kitas; zahlreiche Schulen und Sporthallen müssen dringend saniert werden. Die Bäderdiskussion muss zu einem zufriedenstellenden Ende geführt werden. Für die Oper und das Schauspielhaus wollen wir eine vernünftige Lösung.
All das wird Geld kosten. All das wird bis zur Kommunalwahl 2020 nicht erledigt sein. All das muss aber geschehen. Unsere Stadt, die Bonnerinnen und Bonner können nicht mehr warten.
Zum Schluss möchte ich nochmal an den Anfang anknüpfen. Wenn in der Politik jemand geht folgt meistens jemand nach. So auch bei uns. Für Bärbel Richter, Peter Kox und Dr. Gereon Schüller rücken Alois Saß, Petra Maur und Martin Schulz in den Rat und unsere Fraktion nach. Ich möchte alle drei recht herzlich begrüßen und sagen, dass ich mich auf die Zusammenarbeit mit ihnen freue. Wir haben viel zu tun. Packen wir es an.
Ihre/Eure
Angelika Esch
Oktober 2018
In eigener Sache
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
an dieser Stelle konnten Sie seit dem Februar 2012 44 Mal den Zwischenruf unserer Fraktionsvorsitzenden Bärbel Richter lesen. In pointierten und direkten Worten hat sie die politischen Geschehnisse in unserer Stadt im Allgemeinen und die Ratssitzungen im Speziellen kommentiert. Ihr plötzlicher und unerwarteter Tod am 15. September verhindert, dass dies heute zum 45. Mal geschieht.
Sie fragen zurecht, wie es weitergeht mit dem Zwischenruf. Nun, wir wissen es selbst noch nicht so genau. Sicher ist nur eins: Auch in Zukunft werden Sie hier die Sichtweise der oder des Fraktionsvorsitzenden lesen können – ob als Zwischenruf oder in einer anderen Form.
In diesem Sinne verbleiben wir…
…Ihre/Eure
SPD-Fraktion im Rat der Stadt Bonn